Die Geldpolitik der EZB wird immer aggressiver. Während vor Monaten noch viele Anleger von einem Ende der niedrigen Zinsen träumten, sieht die Realität nun ganz anders aus. Die negative Zinsspirale beginnt sich immer schneller zu drehen – und die EZB hat auch gar keine andere Wahl mehr, als an diesem Trend festzuhalten.
Wer Staatsanleihen kauft, möchte in der Regel ein wenig Rendite dafür bekommen oder zumindest dasselbe Geld zurückerhalten, was er dem jeweiligen Staat geliehen hat. Doch im Zeitalter der Niedrigzinspolitk ist alles anders: Neuerdings bekommt ein Anleger weniger Geld zurück, als er dem Staat geliehen hat. Verrückt, oder? Die Rendite der 30-jährigen Rentenpapiere notierte zum Ende der letzten Woche bei Minus 0.06 Prozent, bei den kürzer laufenden 20-jährigen lag das Minus bei 0.199 Prozent, bei 10-jährigen sogar Minus 0.49 Prozent. Nun sacken also erstmals die Langläufer in den negativen Bereich ab und Investoren haben keine Chance mehr, mit den Staatsanleihen Geld zu verdienen. Betroffen sind hiervon jedoch nicht nur „böse Spekulanten“, sondern auch Sparer und Verbraucher, die auf eine Form der privaten Geldvorsorge gesetzt haben.
Steuern auf Sparguthaben
Bei Licht betrachtet werden Sparguthaben damit von Seiten der EZB mit einer Strafsteuer belegt. Auch viele Banken und Sparkassen kämpfen um ihr finanzielles Überleben und so wundert es wenig, dass man mittlerweile anstatt auf seinem Konto Zinsen zu kassieren, 10 Euro monatliche „Kontoführungsgebühren“ berappen muss dafür, dass man der Bank sein Geld leiht. Insgesamt haben private Anleger innerhalb der Eurozone 13 Billionen Euro gebunkert, dem ein Kreditvolumen von 7,5 Billionen Euro gegenübersteht. Macht ein Nettovermögen von 5,5 Billionen Euro, das der neuen EZB-Steuer unterliegt.
IWF-Vorschlag: Negativzinsen auf Bargeld
Geld verschleudern auf Teufel komm raus
Das Ziel der EZB ist offensichtlich: Bareinlagen und Sparguthaben sollen auf Teufel komm raus in den Umlauf gepresst, die Kreditvergabe angekurbelt werden . Soweit die Theorie. Doch in der Praxis hat sich gezeigt, dass Haushalte bei absackenden Zinsen noch sparsamer werden und versuchen Geld zu horten, da sie unter den gegebenen Umständen noch länger brauchen, um ein gewisses Sparziel zu erreichen. So horten alleine die Deutschen weiterhin ungeachtet der Niedrigzinspolitik knapp 2,5 Billionen Euro auf Spar- und Tagesgeldkonten in der Hoffnung auf eine baldige Zinswende. Im Gegensatz zu den Amerikanern sind Deutsche nunmal sehr risikoavers und scheuen sich davor, in den volatilen Aktienmarkt zu investieren. Das Niedrigzinsprojekt der EZB war bislang ein Schuss in den Ofen, der auch noch nach hinten losging. Anstatt das Geld in den Aktienmarkt zu geben, flossen 39 Milliarden Euro zusätzlich auf die unverzinsten Konten.
EU unter Beschuss
Mit der exzessiven Ausweitung der Negativzinsen macht sich die EZB, und damit die EU, bei den Bürgern auch nicht gerade beliebter. Wie am Beispiel von Großbritannien derzeit zu sehen, werden die Zentripetalkräfte immer größer. Vor allem Länder, die mehr in den großen Topf einzahlen als sie herausbekommen, werden zunehmend EU-skeptischer, während neue marode Pleitekandidaten bereitwillig in der Schlange stehen, in den illustren Kreis der europäischen Union aufgenommen zu werden und von den Transferzahlungen und „Heranführungshilfen“ zu profitieren. Auch ein weiteres primäres Ziel der EZB, das Schaffen und der Erhalt von Arbeitsplätzen, konnte mithilfe der Niedrigzinspolitik nicht mehr erreicht werden. Der positive Trend ist gebrochen, die Arbeitslosenzahlen steigen wieder langsam, zuletzt im Mai auf 2,3 Mio Menschen (offizielle Darlegung). Dafür hat Deutschland viel zu viele aktuelle Trends einfach verschlafen oder zu spät Gas gegeben, wie zum Beispiel bei den Themen E-Mobilität und Digitalisierung. So sank die PKW-Produktion, das Steckenpferd schlechthin der deutschen Wirtschaft, im Juni 2019 um 5,1 Prozent zum Vormonat und um 11,6 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Die deutsche Automobilindustrie sieht derzeit schwierigen Zeiten entgegen. Zudem gilt Deutschland als überregulierte und teure Innovationsbremse, wo es Gründern nicht wirklich leicht gemacht wird, mit neuen Ideen Fuß zu fassen durchzustarten. Das alles spiegelt sich auch im deutschen PMI wieder: der Einkaufsmanagerindex fiel im Juli überraschend stark von 45,0 auf 43,1 Punkte.