Paukenschlag im Sommerloch: Das Bundesverfassungsgericht möchte das Programm zum Aufkauf von (maroden) Staatsanleihen der EZB (PSPP-Programm) durch den Europäischen Gerichtshof prüfen lassen. Die Märkte bleiben von der Nachricht völlig unbeeindruckt. Vielleicht ahnen die Anleger aber auch bereits, dass eine Krähe der anderen kein Auge aushacken wird.
Dienstag, 15.08.2017: Dem Bundesverfassungsgericht liegen mehrere Klagen gegen das milliardenschwere Anleiheaufkaufprogramm der EZB zu Lasten des europäischen Steuerzahlers vor. Anscheinend sind die Befürchtungen der gerne mitleidig als „besorgte Bürger“ abgekanzelten Kläger nicht ganz unbegründet, denn das BVG leitet die Untersuchungen an den europäischen Gerichtshof (EuGH) weiter!
Verbotene Staatsfinanzierung?
Kritik am derzeitigen Zustand der EU ist vom medialen Mainstream generell unerwünscht. Wer das bedingungslose Verschleudern von Steuergeldern zugunsten maroder Staaten und miserabel wirtschaftender Banken nicht mit lautem Applaus unterstützt, ist einfach ein Rechtspopulist oder ein Anti-Europäer oder er hat aufgrund seiner verminderten Intelligenz den tollen Gedanken der europäischen Gemeinschaft wohl nicht verstanden. Kompliment an dieser Stelle an die gleichgeschaltete linkslastige Medienlandschaft, die es tatsächlich geschafft hat, mit ihrer einseitigen Berichterstattung dem Durchschnittsbürger zu suggerieren, dass alles, was unsere hochqualifizierten Eurokraten tun und von sich geben, das Gelbe vom Ei ist und bis zum „Endsieg“ weiter durchgezogen werden muss. Dabei hatten sich die Gründerväter der EU mit der Implementierung der No-Bailout-Klausel im Vertrag von Maastricht schon etwas gedacht: In dieser wird nämlich ausgeschlossen, dass ein Mitgliedsstaat der EU für die Verbindlichkeiten eines anderen Mitgliedsstaates haften muss. Mittlerweile wurde diese Regelung bereits mehrfach großzügig gebrochen und ausgehebelt, wobei die „Rettung“ Griechenlands nur die Spitze des Eisbergs darstellt. Bereits im Dezember 2015 versuchte Mario Draghi mit einem Winkelzug die nationalen Notenbanken dazu zu animieren, marode Staatsanleihen aufzukaufen. Erst durch den Druck der Öffentlichkeit wurde das umstrittene Geheimabkommen publik. Laut dem obersten „Währungshüter“ handelte es sich dabei natürlich nicht um verbotene Staatsfinanzierung.
60 Milliarden Euro pro Monat
Um die Inflation anzuheizen und die Kreditvergabe zu stimulieren, kauft die EZB Monat für Monat Staatsanleihen im Wert von 60 Milliarden Euro. Insgesamt steht der Steuerzahler mittlerweile mit rund 2 Billionen (!) Euro im Feuer – mit ungewissem Ausgang. Jetzt, wo das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, kommt auch das BVG zu dem Schluss:
Es sprechen gewichtige Gründe dafür, dass die EZB gegen das Verbot der Staatsfinanzierung verstößt,
so in einem gestern veröffentlichten Beschluss aus Karlsruhe.
Indem die EZB Staatsanleihen der Euro-Länder aufkauft, geht sie zudem über ihr währungspolitisches Mandat hinaus und greift in die wirtschaftspolitische Zuständigkeit der Staaten ein,
so die Richter.
Ziel der Geldschwemme durch die EZB ist es, die Inflation anzukurbeln und die Kreditvergabe zu erhöhen. Das Programm scheint Erfolg zu haben – die Euro-Inflationsrate betrug zuletzt 1,3 Prozent.
Sparer gucken in die Röhre
Doch die überdimensioierte Geldschwemme bringt auch Nachteile mit sich, vor allem für den Sparer und Steuerzahler. Sparguthaben erzielen kaum noch Zinserträge, vor einer soliden Altersvorsorge steht ein großes Fragezeichen. Lebensversicherungen wissen nicht mehr, wie sie die erforderlichen Renditen erzielen sollen.
Kläger sind bekannte „Rechtspopulisten“
Die Prüfung des Anleihekaufprogramms durch den EuGH hat der Steuerzahler nun den häufig medial geächteten „Rechtspopulisten“ Bernd Lucke (ehemals AfD) und Peter Gauweiler (ehemals CSU) zu verdanken, die ihre Grundrechte der Mitbestimmung als Bundesbürger missachtet sahen. Schließlich muss der deutsche Steuerzahler letztendlich haften, wenn die aufgekauften Staatsanleihen wertlos verfallen und ein Land in die Insolvenz geht. Bereits 2014 wurde das OMT (Outright Monetary Transactions)-Programm der EZB vom EuGH mit Auflagen versehen. Doch allein die Aussage Draghis „alles zu tun, um den Euro zu retten“ reichte bereits aus, um Spekulationen gegen den Euro einzudämmen. Auch die FDP sieht das Anleihekaufprogramm der EZB äußerst kritisch.
Das Anleihenprogramm der EZB ist die Finanzierung von Staatsschulden durch die Hintertür,
sagt FDP-Chef Christian Lindner und begrüßt eine Überprüfung der Sachlage durch den EuGH.
Aussichten auf Erfolg der Klage?
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird das Urteil des EuGH keine großen Auswirkungen auf das Anleihekaufprogramm haben, denn andernfalls würde das gesamte durch und durch marode EU-System sofort zusammenbrechen. Zu erwarten sind allenfalls ein paar kleinere Auflagen, die mehr der Kosmetik und der Beruhigung des Wahlvolks dienen. Das sieht wohl auch der deutsche Leitindex DAX so, der die Neuigkeiten aus Karlsruhe nicht mal mit einem Schulterzucken quittiert und weiter nach oben strebt. Bis der EuGH sich mit den Fragen beschäftigt hat, wird das Verfahren in Karlsruhe ruhen, erst nach dessen Entscheidung wird das BVG über die Verfassungsbeschwerden urteilen. Bis dahin werden noch viele Euros im Schwarzen Loch versickern. Im Extremfall könnten die obersten Richter der Bundesbank die Teilnahme am Anleihekaufprogramm verbieten. Letzten Endes hatten die Kläger jedoch bereits den Erfolg, die allgemeine Aufmerksamkeit mal wieder auf die Brisanz der Situation zu lenken und das mediale Gehirnwäscheprogramm zumindest für den Augenblick zu unterbrechen.