Ein neuer Trend erobert den deutschen Trading-Markt: Die Rede ist von Volumentrading, Volume Profiling und Orderflow-Trading. Doch was hat es mit dieser neuen Form der Marktanalyse auf sich? Mehr dazu in diesem Artikel.
Seit ein paar Jahren geistert ein neuer Trend durch die deutsche YouTube-Trading-Coaches-Fraktion und wird dabei natürlich von vielen als „neuer Heiliger Gral“ ausgegeben. Nichts ist einfacher, als in einer Branche, in der standardmäßig 90% aller Teilnehmer zu den enttäuschten Verlierern gehören, einen neuen Trend zu etablieren, der auf einen Schlag alle Probleme lösen soll. Doch bleiben wir mal eine Minute bei der Realität: Volume Profiling, Orderbuch und Footprint-Charts sind richtig gute Hilfsmittel für den aktiven Daytrader, doch weit entfernt davon, der lang ersehnte „Heilige Gral“ zu sein. Die Wahrheit ist: Mit Volume Profiling lassen sich Einstiege viel besser timen und Stops enger setzen. Doch ohne ein entsprechendes Risiko-Management, Geldmanagement und die erforderlicher Disziplin wird man mit dem Volumentrading genauso Schiffbruch erleiden wie mit jeder anderen Handelsart. Dabei hat jedoch das Volumentrading schon von seiner Konzeption her einen großen Vorteil gegenüber vielen anderen Handelsarten: Der Einstieg in einen Trade erfolgt im Gegensatz zu anderen verbeitetenTrading-Stilen optimiert an einem Volumen-Cluster und erlaubt das Setzen von engen Stops, sodass ein Totalverlust, sofern man das Konto nicht total überhebelt, so gut wie ausgeschlossen ist.
Volume Profile: Grundlagen und Aufbau
Viele Trader und Anleger kennen den klassischen vertikalen Volumen-Indikator auf der unteren Zeitachse eines Charts aus Analysen und Zeitschriften. Große Volumenspikes deuten hier auf ein reges Kauf- oder Verkaufs-Interesse hin. Eine Bewegung mit viel Volumen hat dabei für den Chart mehr Relevanz als eine Bewegung mit dünnem Volumen, die vielleicht nur aufgrund mangelnder Liqudidität und einen sogenannten „Fat Finger“ eines einzenlnen Marktteilnehmers ausgelöst wurde.
Horizontales Volumen: Volume Profile
Um jedoch einen sauberen Einstieg in einen Trade zu planen, interessiert uns eher das Volumen auf der horizontalen Preisachse. Also ist man dazu übergegangen, das vertikale Volumen „aufzuklappen“ und erhält so aufschlussreiche Informationen über das gehandelte Volumen pro Preis. Da einer Preisänderung immer ein Anstieg des Volumens vorausgeht, kann das Volumen uns hilfreiche Hinweise auf eine mögliche bevorstehende Trendwende geben. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das Trading nach dem Market Profile, welches jedoch nicht direkt das gehandelte Volumen abbildet, sondern vielmehr die Dauer, die ein bestimmter Wert auf einem Preisniveau verbracht hat. VPOC und POC müssen daher nicht zwangsläufig übereinstimmen.
Volume Profile: Fachbegriffe und Berechnung
Wer mit dem Volume Profile arbeiten möchte, der sollte sich zunächst über einige Fachbegriffe im Klaren sein, die mit dieser Form der Chartanalyse einhergehen. Das Volume Profile lässt sich in der Software Multicharts 11 ganz einfach und komfortabel aufrufen und nach eigenen Wünschen konfigurieren. In der folgenden Grafik sind die wichtigsten Begriffe visualisiert dargestellt:
In der sogenannten Value Area spielen sich 70% aller Käufe und Verkäufe eines Handelstages ab. Der VPOC (Volume Point of Control) ist dabei der Kurs mit dem höchsten gehandelten Gesamtvolumen eines Tages. Hier findet sich der Markt (Angebot und Nachfrage) in „Balance“. Achtung: Natürlich kann sich der VPOC im Laufe eines Tages verschieben, wenn plötzlich auf einem anderen Preisniveau mehr gehandelt wird. Daher fährt man gut damit, die VPOCs der Vortage ebenfalls im Blick zu haben. Sogenannte High Volume Nodes sind Preislevel, auf denen viel Volumen gehandelt wird. In Low Volume Nodes findet kaum Handel statt, diese Zonen werden vom Markt meist zügig überwunden. Im Bereich des sogenannten Unfair High ist der Markt überbewertet, im Bereich des Unfair Low unterbewertet.
Charttechnik vs. Volume Profile
Die Charttechnik als proaktive Methode geht davon aus, dass bestimmte in der Vergangenheit vom Markt respektierte Zonen (Trendlinien/Unterstützungen/Widerstände) auch künftig von Relevanz für den Kursverlauf sind. Das Volume Profiling als reaktive Methode gibt einen tieferen Einblick in die gegenwärtige Positionierung der Marktteilnehmer. Als Trader kann man so schneller auf sich verändernde Marktlagen reagieren, indem man zusätzlich das Volumen betrachtet. Beide Methoden lassen sich gut miteinander kombinieren.
Handelsansätze
Wie jeder andere Handelsstil auch bringt das Volumentrading zahlreiche Handelsansätze mit sich. Der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt und bald wird der geneigte Trader bemerken, wo sich für ihn die Vorteile ergeben. Ziel im Volumentrading ist es zumeist, aus den über- oder unterbewerteten Preisbereichen hin zum „Fair Value“ zu traden. Dabei eignet sich der VPOC vor allem im Futures- oder Aktienhandel zum „Abladen von Kontrakten“ ganz besonders gut, da an dieser Stelle mit einem erhöhten Volumen zu rechnen ist und somit genügend Abnehmer auf der Gegenseite vorhanden sind, während man in Low Volume Nodes jede Menge Slippage kassieren kann, vor allem in illiquiden Märkten.
Volume Profile, ein Teil des Puzzles
Dabei eignet sich das Volume Proiling als ein Teil des großen Trading-Puzzles sehr gut in Verbindung mit anderen Handelsansätzen, z. B.
- mit Signalen aus der Charttechnik
- zusammen mit Footprint-Charts
- dem Orderbuch
- dem Cumulative Delta
und das insbesondere für den kurzfristigen Handel im Bereich Daytrading und Scalping. Aber auch Swing Trader können vom Volume Profile profitieren, wenn sie vor Aufgabe eines Trades große Volumen-Cluster identifizieren und so ihre Trades besser und genauer timen können.
Video-Tutorial: Volume Profile, Volumetrading mit Multicharts
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