Die Aktienmärkte sind seit dem Corona-Crash komplett außer Rand und Band. Während die Weltwirtschaft mittlerweile rund 3 Monate heruntergefahren wurde, stemmen sich die Notenbanken und Regierungen der einzelnen Länder mit Leitzins-Senkungen, Rettungs- und Stimulus-Paketen gegen die nächste große Depression. Liquidität wird in bisher noch nie dagewesener Form in die Märkte gepumpt und treibt diese nach oben. Milliarden war gestern, heute rechnen wir nur noch in Billionen. Der Tech-Index Nasdaq notiert auf einem neuen Allzeithoch, während die anderen Indizes kurz davor stehen, neue Rekorde zu brechen. Anleger sprühen vor Optimismus, die Gier ist wieder da. Nach dieser fulminanten V-Erholung kann es ja jetzt nur weiter so gehen. Oder? Mit Referenz auf unseren großen Corona-Crash-Report vor einigen Wochen stehen wir aktuell im Szenario „Das Mittelding“ an dem Punkt, an der jeder denkt, die Corona-Krise sei vorüber und wir können zur Tagesordnung übergehen. Doch können wir das wirklich? Angesichts der enorm ausgeweiteten Geldmenge wittern nicht wenige Anleger eine Inflation am Horizont und haben den Sprung ins Gold bislang verpasst. Doch bald könnte es noch mal ein kleines saisonales Zeitfenster geben, in der frische Goldbullen einsteigen könnten. Die Analysen dieser Webseite berücksichtigen in keiner Weise eine konkrete persönliche Anlagesituation und dürfen folglich nicht als Anlageberatung im Sinne des § 32 KWG aufgefasst werden.
Inflation oder Deflation? Das ist hier die Frage. Während der Ölpreis im Grunde zu niedrig ist, um eine inflationäre Bedrohung heraufzubeschwören, notiert Gold derzeit knapp unter seinem Allzeithoch bei rund 1.700 USD/Feinunze. Aufgrund der Corona-Krise liegt die derzeitige Inflation bei 0 und somit deutlich unter den Inflationszielen der Notenbanker. Das ist auch nur logisch, denn die Leute haben weniger Geld zur Verfügung, kaufen weniger Güter und somit fallen die Preise für zahlreiche Produkte, auch wenn einige Produkte kurzfristig teurer werden. Aktuelle Bedrohung ist also eher die Deflation, welche die Notenbanken mit aller Macht zu bekämpfen versuchen. Doch die Geldströme verschieben sich derzeit rasend schnell und so kann auch aus der Deflation schnell eine Inflation werden.
Aller Unkenrufe zum Trotz, wie „Gold zahlt keine Zinsen,“ und „Gold zahlt keine Dividende“ hat das gelbe Edelmetall seit Mai 2019 um satte 36 Prozent zugelegt. Andersrum gesagt: Fiat-Money hat im Vergleich zu Gold an Wert verloren und die Gold-Bugs lagen in den letzten 20 Jahren nicht komplett daneben mit ihrem Faible. Traditionell gilt Gold als „save haven“ für Anleger, wenn es an den Märkten so richtig rund geht. Umso größer die Verwunderung vieler, als der Goldpreis im Zuge des Corona-Crashs zusammen mit den Aktien kurz deutlich einbrach, in der Spitze bis auf 1457 USD/Feinunze. Doch Schuld daran war nicht etwa ein Vertrauensverlust in das gelbe Edelmetall, sondern vielmehr die Not vieler Aktien- und Futures-Händler, die Notverkäufe durchführen mussten, um ihr Gold im wahrsten Sinne des Wortes zu versilbern und einen Margin Call ihres Brokers zu bedienen.
Zugegeben, in der aktuellen und sehr verrückten Situation auf den Märkten, in der insolvente Unternehem wie der Autovermieter Hertz gekauft werden als gäb es kein Morgen, spielen Saisonalitäten und technische Signale eine untergeordnete Rolle. Die totale irrationale Kaufpanik ist ausgebrochen und niemand will den (vermeintlichen) neuen Bullenmarkt verpassen. Nichtsdestotrotz wollen wir die aktuelle Lage nutzen, um ein sehr auffälliges Zeitfenster im Goldpreis unter die Lupe zu nehmen. Denn statistisch betrachtet, hat Gold im Juni und Juli eigentlich eine sehr schwache Phase und bildet dort ein Tief, während in der darauffolgenden Herbstsaison der Goldpreis meist nur noch eine Richtung kennt: nach Norden.
Zudem wechselt der Gold-Future am 26. Juni in einen neuen Kontrakt. Nicht selten werden solche Szenarien zum Turning-Point für einen Trendwechsel.
Zweifelsohne sind die Aktienmärkte derzeit hoffnunglos überkauft, jede Menge Optimismus und Euphorie in ein Re-Opening der Weltwirtschaft ist eingepreist.
Doch es ist nicht alles Gold was glänzt, am Horizont machen sich bereits zahlreiche Insolvenzen bemerkbar, die sich über kurz oder lang auch in der Bankenwelt nicht mehr verstecken werden lassen werden können. Auch von Seiten des Virus ist der Drops anscheinend doch noch lange nicht gelutscht. Glaubt man den zahlreichen Nachrichten, gibt es überall auf der Welt neue Infektionsherde und auch in den USA zieht die Ansteckungsrate wieder an. Wie sich die Situation entwickelt, wenn nun alle im fröhlichen Sommerurlaub wieder zusammenkommen, kann auch die schlaue Wallstreet nicht wissen, die ja angeblich immer alles Monate im voraus weiß. Kurzum gesagt: eine erneute Korrektur am Aktienmarkt nach der so fulminanten Erholungsrallye wäre nicht sonderlich verwunderlich. Im Rahmen dieser Korrektur könnte der Goldpreis ebenfalls wieder mit einbrechen und sein saisonales Tief Ende Juni/ Anfang Juli ausbilden, um dann im Herbst voll durchzustarten, wenn sich das ganze billige Geld der Notenbanken und Regierungen seinen Weg in die einzelnen Sektoren bahnt.
Offenlegung: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert, gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte. Die von devisen-handeln.org veröffentlichen Analysen und Inhalte können nicht nur mit Gewinnen, sondern auch mit Verlusten einhergehen, selbst wenn sie gemäß einer Empfehlung eingesetzt werden. Insbesondere der Handel mit Hebelprodukten (u. a. Devisen, Futures, Derivaten und Rohstoffen) kann spekulativ sein, und Gewinne und Verluste können variieren. Der Autor obiger Finanzanalyse ist Frank Eschmann. Er ist Professional Trader. Die Trennung zwischen persönlicher Meinung (Ausblick/Analyse) und objektiver Faktensituation (Marktlage) erfolgt durch die visuelle Gliederung des Textes. Die bei obiger Finanzanalyse angewendete Bewertungsgrundlage und Bewertungsmethode heißt saisonale Analyse .
Dieser Artikel wurde zuletzt bearbeitet am 11. Juni 2020 09:53
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