Die meisten angehenden Forextrader haben, wenn überhaupt, nur den Wirtschaftskalender im Blick, wenn es um die Einordnung und Planung fundamentaler Ereignisse geht. Sicherlich ist es kein Fehler, anstehende FOMC-Meetings, den EZB-Leitzinsentscheid oder wichtige Reden von EZB-Mitgliedern auf dem Radar zu haben, um auf volatile Stunden vorbereitet zu sein. Doch das Wesentliche spielt sich meist abseits vom Wirtschaftskalender ab.
Der Euro konnte in den vergangenen Wochen und Monaten eine beachtliche Rallye zum USD hinlegen. Von 1.04 noch im Februar letzten Jahres hat sich der Euro ganze 20 Cent nach oben geschafft, das muss eine exportorientierte Volkswirtschaft erstmal verdauen. Der Trend ist (noch) klar aufwärts gerichtet. Dabei offenbart sich die vermeintliche Euro-Stärke bei genauerem Hinsehen vielmehr als Dollar-Schwäche – und zwar trotz beständig erhöhten US-Leitzinsen. Moment mal, haben wir nicht immer gelernt, dass auf einen höheren Leitzins eine stärkere Währung folgt? Pustekuchen, seit der „Trumpisierung“ der (US)-Wirtschaft ist alles anders.
Erwartungsgemäß spiegelt der USD-Index genau das gegenläufige Bild des EURUSD wider: Seit Januar 2017 haben wir es mit einem kräftigen Abwärtstrend zu tun, der auf der Marke von 88 Punkten erstmal abgebremst wurde. Hier könnte sich nun ein doppelter Boden ausbilden.
Auf der anderen Seite des Atlantiks werfen unterdessen zwei wichtige Ereignisse ihre Schatten voraus. In der wichtigsten Volkswirtschaft der EU, nämlich Deutschland, gibt es auch Monate nach der Wahl keine feste Regierung. Zwar steht eine neuerliche „GroKo“ im Raum, diese steht jedoch aufgrund des noch ausstehenden Mitgliederentscheids und rasant fallender Umfragewerte für die beiden etablierten Volksparteien auf mehr als tönernen Füßen. Für eine stabile Währungsunion ist ein solcher Zustand alles andere als förderlich. Scheitert die Groko, dürften in Deutschland Neuwahlen ausgerufen werden, was eine stabile Regierungsbildung weiter nach hinten verschiebt.
Doch nicht nur die fragilen Zustände in Deutschland könnten einem weiteren Siegeszug des Euros im Weg stehen. In Italien stehen Wahlen an und – ob man es glauben mag oder nicht – die rechte Koalition rund um das Berlusconi-Lager steht mit 36 – 38 Prozent bereits an der Spitze der Umfragewerte. Doch auch das rechts/linkspopulistische Movimiento5*, das niemand so genau einzuschätzen vermag, hat gute Aussichten auf den 1. Platz. Nur eines ist weitgehend sicher: Im Gegensatz zu den Zuständen in Deutschland ist mit einem „weiter so“ in Italien nicht zu rechnen. Die Sozialisten haben es (mal wieder) versaut und die Bürger scheinen einen Wechsel nach Rechts zu bevorzugen. Dabei ist noch ausreichend Platz für Überraschungen, denn 1/3 der Italiener ist sich noch völlig unschlüssig, wen man wählen sollte. Aufgrund seiner Verurteilungen in diversen Sex-Skandalen kann Berlusconi zwar nicht selbst noch einmal Ministerpräsident werden, jedoch tritt er weiterhin als Zugpferd seiner Forza Italia auf und nutzt sein Medienimperium geschickt für den Wahlkampf.
Die Italiener haben also die Schnauze voll vom Laisser-Faire der Sozialisten, das Mitte-Rechts-Lager soll es nun richten. Laut aktuellen Umfragewerten wäre die Partei von Silvio Berlusconi (Forza Italia) und die rechte Lega Nord mit einer Mehrheit im Parlament.
Genau wie in Deutschland scheinen auch die italienischen Spitzenpolitiker wie Pattex an ihrem Posten zu kleben und halten sich für unfehlbar. Anders ist es jedenfalls nicht zu erklären, dass der sozialistische Partito Demokratico sein lahmstes Pferd im Stall, Matteo Renzi, noch einmal ins Rennen schickt. Dabei hat dieser nicht nur eine krachende Niederlage bei der Volksabstimmung zu seiner Wahlrechtsreform einstecken müssen, sondern auch in punkto Migrations- und Wirtschaftspolitik so ziemlich alles falsch gemacht, was es falsch zu machen gibt. Letzten Endes musste er Ende 2016 als Regierungschef zurücktreten. Sein fulminant geplantes Comeback als Regierungsschef könnte als Rohkrepierer enden. Zum Glück für den PD kandidiert auch noch Paolo Gentiloni, der unter Renzi bereits als Außenminister arbeitete und nach Renzi dessen Amtsgeschäfte übernahm. Sollte der PD wider erwarten sehr stark aus den Wahlen hervorgehen und eine Koalition mit den Rechten anstreben, wäre Gentiloni der Mann der Stunde, der auch von Berlusconi gelobt und toleriert wird.
Derzeit könnten keine der rechten Parteien mit einer ernsthaften Mehrheit rechnen – doch Berlusconi hat es geschafft, sie alle in einer „Rechts-Koalition zu einen: Dabei könnte die Lega Nord mit Matteo Salvini, eine stramme rechtsaußen-Partei, die als ausländerfeindlich gilt und den Austritt aus dem Euro fordert sowie die noch strammere „Fratelli d’Itialia“ zusammen mit der Forza ein rechtes Bündnis auf die Beine stellen, das alle anderen Parteien überragt, auch wenn die Forza letzten Endes „nur“ 16 – 18 Prozent der Stimmen beitragen würde.
Von dem ehemaligen Kabarretisten Beppe Grillo, der vielfach auch von Medien und anderen Politikern als Clown verspottet wurde, ist derzeit nicht mehr viel zu sehen. Ob die Anfeindungen mit der Zeit zu stark wurden? Aktuell dient er seiner Partei nur noch als „Übervater“ und Ratgeber, doch er hat mit dem M5S ein nachhaltiges Baby geboren, das dem Volk aufs Maul schaut und Probleme offen anspricht, ohne auf political correctness Rücksicht zu nehmen. Mit Luigi Di Maio schickt der M5S ein junges und dynamisches Pferd ins Rennen, das nach dem Vorbild von „Macron“, „Trudeau“ und „Sebastian Kurz“ für frischen Wind in Italien sorgen soll. Schluss mit den alten Zöpfen, langsam kommen die Jungen mal wieder ans Ruder. Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich der M5S als ein Fähnchen im Wind, das für nichts und alles stehen könnte. Einst als Gegenentwurf zur derzeitigen Euro-Politik der EZB gegründet, gibt man sich heute einmal Euro-freundlich und Migranten-feindlich und am nächsten Tag das exakte Gegenteil. Konkret will es der M5S eigentlich nur jedem Recht machen und sämtliche Protestwähler abgrasen, indem man ihnen die eierlegende Wollmilchsau verspricht. Aus diesem Grund ist der M5S und die daraus folgenden Koalitionen die große Unbekannte in der Italien-Wahl am 04. März 2018. Derzeit könnte der M5S zwar mit 30 Prozent die meisten Stimmen auf sich vereinen, für eine Regierungsmehrheit wird es jedoch wahrscheinlich trotz allem nicht reichen.
Dieser Artikel wurde zuletzt bearbeitet am 26. Februar 2018 15:56
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